Es ist die vorletzte Praktikumswoche. Zeit, nervös zu werden.
Ich könnte es so sehen: „man investiert in mich“. Man schickt mich auf Schulungen, bei denen ich hochspezielles Fachwissen anhäufe. Heute hier, morgen dort. Und am Wochenende noch woanders. Jetset auf Sparflamme.
Allerdings könnte ich es auch so sehen: „man nutzt meine für die Firma kostenneutralen Kapazitäten recht gut aus“. Ich stecke knietief im Thema, bin bombig eingearbeitet, blicke durch die Zusammenhänge, und all das zum Nulltarif.
Mir bleiben noch acht Tage. Dann muss was Neues kommen. Bloß was? Eine Stelle (voll, fest, unbefristet) gibt es jedenfalls erstmal nicht. Aber ich könnte ja freelancen. Ich könnte ja über eine Personalagentur… spruchreif ist noch gar nichts. Meine Nervosität wächst. Ich stehe morgens auf und gehe zur Arbeit. Ich versuche, gut zu sein, ha, brillant zu sein, schnell und effektiv zu sein, schlagfertig und pflegeleicht, anpassungsfähig und flexibel. Das gelingt mir nicht immer. Aber oft.
An mir sei ja wohl eine Vertrieblerin verlorgengegangen, bemerkte heute mein Kollege. Ich könne das ja ganz gut, so am Telefon. Was soll ich mit so einer Aussage anfangen? Heisst das jetzt etwas? Wohin mit der Anspannung, die mir in den Gliedern steckt? Die treibt mich tagsüber an. Aber abends komme ich schlecht runter und drauf. Ich bin unruhig. Manchmal zucken meine Augenlider so komisch, manchmal denke ich: na klar kriege ich einen Vertrag. Und dann scheint wieder alles an einem seidenen Faden zu hängen.
Wenn mein Arbeitstag mit seinen unwägbaren Aufs und Abs und überraschenden Spannungskurven den Koitus darstellt, kommt abends unweigerlich die Depression. Umgekehrt wärs irgendwie besser.