#weiseworte: Marc Aurel

Immerwährende Lebensweiheiten, heute mit: Marcus Aurelius (römischer Kaiser von 161 bis 180 n. Chr.). Ich habe mir seine Selbstbetrachtungen kürzlich gekauft, eine Sammlung von Leitsätzen und Gedanken über menschliche Werte, Übereinstimmung mit der Natur, inneren Frieden und Selbstbesinnung. Dieses philosophische Tagebuch ist ein Plädoyer für die Abkehr vom Streben nach Ansehen und „herrischem Prunk“. Verblüffend aktuell – so komme ich beispielsweise nicht umhin, diese Passage als politische Handlungsempfehlung, gar als Kommentar zur AfD zu lesen:

 

Pflege deine Urteilskraft! Sie allein kann dich davor bewahren, daß in dir Ansichten entstehen, die mit der Natur und der Beschaffenheit eines vernünftigen Wesens im Widerspruch stehen. Sie aber verlangt von uns Enthaltung von vorschnellen Urteilen, Wohlwollen im Verkehr mit den Menschen, Gehorsam gegenüber den Göttern.

Marc Aurel, Selbstbetrachtungen, Drittes Buch/9

#film: ANDERSON. Kein richtiges Leben im Falschen.

Der Film Anderson von Annekatrin Hendel lässt mich ratlos und aufgewühlt zurück. Es ist eine Annäherung an Sascha Anderson, ehedem schillernder Kulturpapst der Ostberliner Undergroundszene und Stasi-Spitzel. Der Film bittet auch seinen Freundeskreis von damals zu Wort, jene Verratenen, die er jahrelang ausspionierte. Als Zuschauer, so sollte man meinen, erfahren wir hier etwas über die „Strategien, die Leute an den Tag legen, um ein Ereignis, das aus der eigenen Biographie katastrophisch ragt, ins Weiterleben zu integrieren, sich das eigene Leben schlüssig erzählen zu können“ (Sebastian Markt). Der Film wirft viele Fragen auf, weitaus mehr als er beantwortet: eine Einladung zur Diskussion.

Sascha Anderson © DPA, click to view source

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#heilung: Fonds Sexueller Missbrauch

[UPDATE 4/2016: Anträge können über den 30. April 2016 hinaus gestellt werden!]

Grade wird viel über den Fonds Sexueller Missbrauch im familiären Bereich gesprochen, denn der Zeitraum für die Antragstellung geht zu Ende. Auch ich habe in den letzten Tagen Infos an Menschen aus meinem Umfeld geschickt, weil ich die Existenz des Fonds für eine (erstaunliche und) gute Sache halte und hoffe, dass möglichst viele Menschen davon profitieren und Gelder aus dem Fonds für sich nutzen können. Der Fonds hat ein kostenloses Infotelefon – 0800 400 10 50, bei dem Anrufende anonym bleiben können (keine Rufnummernübertragung, Name muss nicht genannt werden). Grade habe ich mit dieser Kontaktstelle telefoniert, um mir valide Infos zu besorgen:

WORUM GEHT ES?

Beim Fonds können Menschen, die sexuellen Missbrauch erfahren haben, Gelder für Sachleistungen beantragen, die der eigenen Heilung dienen. Pro Person können bis zu 10000€ beantragt werden. Hat man also bestimmte Therapien, Kurse, Seminare im Auge, die bisher unerschwinglich schienen, so lässt sich der Fonds genau dafür anzapfen. Die Antragstellung ist noch bis zum 30. April 2016 möglich.

WER KANN LEISTUNGEN BEANTRAGEN?

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#lament: Einstürzende Neubauten im Radialsystem, doch noch ein Review

Sonntag, 27. Dezember 2015. Feierliche Stimmung im Radialsystem. LAMENT. Es ist mein erstes Mal Neubauten live, ich bin gespannt. (Am Ende war ich so buchstäblich beeindruckt, dass ich das Erlebte erstmal sackenlassen musste. Deshalb erst jetzt.) Ich dachte, es handele sich um eine Werkschau der Neubauten. Tatsächlich aber ist LAMENT eine Auftrags-Live-Performance-Arbeit für die Region Flandern anlässlich des Gedenkens an den ersten Weltkrieg. Die Uraufführung fand im Rahmen der 100-Jahre-Gedenkfeierlichkeiten in der belgischen Stadt Diksmuide statt. Zwar gibt es das Album LAMENT, von der Intention her ist es jedoch eine Schöpfung für die Bühne. Das Bemerkenswerte an der Performance ist: keine Didaktik sondern sinnliche Erfahrung. Die vier aufeinanderfolgenden LAMENT-Abende im Radialsystem passten im übrigen perfekt zu Weihnachten und zur Tagespolitik. Es ist Krieg und Nachkrieg, in den Familien und in der Welt. Ich greife drei Stücke exemplarisch heraus:

© Mote Sinabel/BMG, click to view source

Das obige Bild zeigt den berührendsten Moment des Abends: „#lament: Einstürzende Neubauten im Radialsystem, doch noch ein Review“ weiterlesen

#mjusike: SIX DAY WAR in drei Versionen

Ain’t it funny how men think, they made the bomb, they are extinct. Heckler und Koch verklagt die Bundesregierung und der Bundestag beschließt mit großer Mehrheit den Syrien-Militäreinsatz. Verrückte Zeiten. Über ein Set von Oceanvs Orientalis bin ich auf den Song „Six Days“ von DJ Shadow aufmerksam geworden, und in diesem Zuge auch auf das englische Original von Colonel Bagshot, der das Eingangszitat enthält. Drei tolle Versionen, die von DJ Shadow mit begleitendem Musikvideo von Wong Kar Wei. Das eigentlich Tolle sind aber die Anti-Kriegs-Lyrics (siehe unten).

Das Original „Six Day War“ von der Liverpooler Band Colonel Bagshot von 1971:

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#netzlese: Was motiviert junge Menschen, sich dem IS anzuschließen?

Meine heutige Netzlese zum Thema IS und Motivation. Mich treibt die Frage um, was Menschen motiviert, sich dem IS anzuschließen – eingedenk der Tatsache, dass mein Wissen über Islam und IS begrenzt ist. Meine Frage ist eher psychologischer Natur und bezieht sich konkret auf die Tatsache, dass Menschen bereit sind, als Selbstmordattentäter zu fungieren. Ich habe vier lesenswerte Artikel zum Thema gefunden, die alle ähnliche Gründe aufführen: (lack of) identity/belonging, faith, curiosity, thirst for adventure, freedom, relative deprivation, anger, pain, numbness, hope for salvation, need to escape. In Schlagworten klingt das einfach, aber vor allem der erste Artikel nähert sich der Frage auf empathische Weise und ich konnte etwas damit anfangen.

  1. Why Do Young People Join ISIS? by The Institute of Middle East Studies.
  2. What Motivates Terrorists? by The Atlantic.
  3. You Can’t Understand Why People Join ISIS Without Understanding Relative Deprivation by Huffington Post.
  4. Why do young women want to join Islamic State? by The Guardian.

#netzlese: Menschliche Sexualität

Die heutige Netzlese ist ein tolles Stück im Guardian über menschliche Sexualität. Es handelt sich um eine Auswahl von eingereichten Statements, in denen Leser*innen über ihre Sexleben berichten. Life-oh-life. Mein Liebling:

The best sex I ever had was with a 48-year-old woman who slipped me her phone number on a bus (I was 28). She was absolutely rampant. If I could relive any day of my life, that would be the one.
Male, 33

http://www.theguardian.com/lifeandstyle/2015/oct/31/orgasm-readers-sex-lives

#TTIP-Demo am Samstag in Berlin

ttip_demo_banner_300x420Hoffentlich werden wir Viele: Am Samstag findet in Berlin die bundesweite Großdemonstration gegen das geplante Freihandelsabkommen, Transatlantic-Trade-and-Investment-Partnership, statt. Als besonders demokratiegefährdend darf dabei der umfassende Investorenschutz gelten, der durch regulatorische Kooperation sowie die Einführung von Schiedsgerichten zum mächtigen Instrument wird: Konzerne könnten unter TTIP legal und direkt Einfluss auf Gesetzesentwürfe und Gesetzesänderungen nehmen. Das hieße konkret: Bevor ein Gesetzentwurf in die Hände von Abgeordneten oder an die Öffentlichkeit gelangt, ist er bereits mit Konzernlobbyisten abgestimmt. Grusel, grusel.

Start: 12:00 am Hauptbahnhof, die Demoroute führt durchs Regierungsviertel und endet an der Siegessäule. Schmankerl: The Incredible Herrengedeck werden im Rahmen der Abschlusskundgebung ein Minikonzert spielen. Und das Wetter wird gut. Worum es bei TTIP geht, erklärt Attac hier: